Verbraucherschutz – Ein Fluch für Unternehmen, aber ein Segen für die Verbraucher?
In diesem Beitrag beleuchten wir die Rechte und Möglichkeiten von Verbrauchern in Bezug auf ihre gesetzlich gesicherten Verbraucherrechte. Außerdem betrachten wir die daraus resultierenden Pflichten von Unternehmen gegenüber Verbrauchern. Durch den streng überwachten und durchgesetzten Verbraucherschutz sollen gegenläufige Interessen von Verbrauchern und Unternehmen in Einklang gebracht werden. Indem Verbraucher informierte Entscheidungen treffen können und so die jeweils besten Produkte zu angemessenen Preisen erwerben können, wird der faire Wettbewerb angekurbelt.
Verbraucherschutz – Sinn und Grundlagen
Durch verbraucherschützende Normen und Grundsätze werden die Interessen des schutzwürdigen Verbrauchers (§ 13 BGB) in Bezug auf potenziell unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen (§ 14 BGB) gewahrt. Basierend auf diesem Schutzgedanken ergeben sich viele Informationspflichten bezüglich der angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen müssen die Einhaltung von Verbraucherrechten gegenüber den Verbrauchern gewährleisten, damit die Verbraucher stets informierte Entscheidungen am Markt treffen können. Eine weitere wichtige Säule des Verbraucherschutzes ist die Produktsicherheit. Verbrauchern zugängliche Produkte sollen physische Sicherheit und den Schutz der Gesundheit gewährleisten. Damit geht auch ein gewisser Anspruch an die Qualität etwaiger Produkte einher. Maßgebliches Ziel des Verbraucherschutzes ist auch die Verständlichkeit und Fairness von Rechtstexten und Verträgen. Ausgehend vom Empfängerhorizont eines Verbrauchers sollten Vertragsklauseln niemals versteckt oder möglicherweise irreführend formuliert sein. Gleiches gilt in Bezug auf möglicherweise irreführende Werbung und Geschäftspraktiken von Unternehmen, die streng untersagt sind. Entsprechende Grundlagen des Verbraucherschutzes sollen durch durchsetzbare Rechte der Verbraucher, anderer Wettbewerber am Markt und von Verbraucherverbänden gestärkt werden. Ziel ist neben der Stärkung der Rechte der Verbraucher auch die Schaffung und Aufrechterhaltung eines fairen Wettbewerbs am Markt.
Den rechtlichen Rahmen schaffen diverse Gesetze auf Bundes- und auf EU-Ebene. Auf europäischer Ebene sind die Verbraucherrechte-Richtlinie (EU-Richtlinie 2011/83/EU), die Energieverbrauchskennzeichnungs- und Ökodesign-Richtlinien und die Datenschutzgrundverordnung wegweisend. Auf nationaler Ebene tragen insbesondere die gesetzlichen Regelungen zu der rechtskonformen Ausgestaltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in den §§ 305 ff. BGB und zum Widerrufsrecht für Verbraucher bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften in § 312 g BGB iVm § 355 BGB zum Verbraucherschutz bei. Daneben berücksichtigen insbesondere das einzuhaltende Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) die Interessen der Verbraucher.
Pflichten gegenüber Verbrauchern
Basierend auf den Grundsätzen des Verbraucherschutzes und den gesetzlichen Grundlagen ergeben sich im Umkehrschluss für Unternehmen zwingend umzusetzende Pflichten.
Dazu gehört die Umsetzung diverser Informationspflichten bezüglich angebotener Waren und Dienstleistungen. Der Verbraucher muss vollständig und in verständlicher Art und Weise über Produkteigenschaften, den Preis und etwaige Risiken der einzelnen Produkte aufgeklärt werden.
Daneben treffen Unternehmen die Pflicht, den bereits erwähnten Sicherheitsstandard der angebotenen Produkte zu gewährleisten. Von den vertriebenen Produkten dürfen keine gesundheitsrelevanten Risiken ausgehen.
Bezüglich etwaiger Verträge und AGB sind Unternehmer verpflichtet, diese empfängergerecht, verständlich und klar zu formulieren. Inhaltlich müssen einzelne Vertragsklauseln jeweils fair und nicht unangemessen benachteiligend ausgestaltet sein, um wirksam zu werden.
Von enormer Bedeutung im Rahmen der Pflichten der Unternehmer ist auch das gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsrecht von Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen und Verträgen außerhalb von geschlossenen Geschäftsräumen (§§ 312 g Abs. 1, 355 BGB). Diesbezüglich müssen Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben einhalten und den Verbraucher hinreichend und in rechtskonformer Weise über sein Widerrufsrecht aufklären.
Im Rahmen diverser gesetzlicher Gewährleistungsrechte müssen Unternehmen bei Nichtleistung oder Schlechtleistung ebenfalls ihrer Pflicht der Leistungserbringung nachkommen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Nacherfüllung, Umtausch oder Rückerstattung Lösungen anbieten.
Aus dem Gesetz gegen unlautere Werbung ergibt sich für Unternehmen die Verpflichtung, die Bewerbung ihrer Produkte nicht irreführend zu gestalten (Irreführungsverbot, vgl. § 5 UWG). Das bedeutet, dass die Produktwerbungen Verbraucher nicht mit falschen oder zur Täuschung geeigneten Angaben zu bestimmten Produkteigenschaften zu einer geschäftlichen Handlung veranlassen dürfen, die diese andernfalls nicht getroffen hätten („falsche Werbeversprechen“).
Auch der Datenschutz und die aus der Datenschutzgrundverordnung hervorgehenden Pflichten tragen zum Verbraucherschutz bei. Danach werden Unternehmen klare Linien vorgegeben, unter welchen Voraussetzungen, auf welche Art und Weise und zu welchem Zweck sie personenbezogene Daten von Verbrauchern erheben und verarbeiten dürfen.
Hat die Einhaltung der Verbraucherrechte Vorteile?
Für Unternehmen lohnt es sich die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherrechte ernst zu nehmen und den daraus resultierenden Pflichten nachzukommen.
Die offen kommunizierte und praktizierte Einhaltung von Verbraucherschutz fördert das Kundenvertrauen in das jeweilige Unternehmen. Die Kunden fühlen sich in ihren Rechten und Bedürfnissen ernst genommen und werden entsprechend auch für zukünftige Einkäufe wiederkommen. Zeitgleich wird dadurch das Unternehmensimage positiv beeinflusst. Im selben Zuge heben sich Unternehmen, die den Verbraucherschutz ernst nehmen, von Mitbewerben ab, die dies nicht tun und schaffen sich dadurch einen echten Wettbewerbsvorteil. Unlautere Geschäftspraktiken und Betrug durch Unternehmen sind mittlerweile eine reale und weit verbreitete Gefahr für Verbraucher. Diese achten demnach bei ihrer Produktauswahl maßgeblich auf das Unternehmensimage und die Stimmen anderer Kundinnen und Kunden.
Durch das rechtskonforme Verhalten den Verbrauchern gegenüber werden zeit- und kostenintensive gerichtliche und außergerichtliche Verfahren vermieden. Denn Verstöße gegen die dem Verbraucherschutz zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften können zu Abmahnungen, Bußgeldern und Gerichtsverfahren führen. Dazu können gleich mehrere Marktteilnehmer beitragen. Denn es achten nicht nur Verbraucherschutzbehörden und Datenschutzbehörden auf die Einhaltung verbraucherschützender Vorschriften. Sogar Mitbewerber und Verbraucherverbände können einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung von unlauterem Verhalten geltend machen und haben ein dementsprechendes Interesse daran, unlauteres Verhalten aufzudecken (vgl. § 8 Abs. 1 , Abs. 3 Nr. 1 und 3 UWG).
Widerruf – Schützt den Verbraucher oder gefährdet den Unternehmer?
Der Widerruf für Verbraucher (§§ 312 g Abs. 1, 355 BGB) ist ein kontroverses Instrument des Verbraucherschutzes.
Er schützt Verbraucher dahingehend, dass sie bei Fernabsatzverträgen und Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ein 14-tätiges Widerrufsrecht innehaben (§ 312 g Abs. 1 BGB). Dadurch können sie sich von der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung im Rahmen der Frist lösen. Durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung (ohne Angabe von Gründen) gegenüber dem Unternehmen müssen sie nicht weiter an dem Vertrag festhalten.
Hintergrund ist, dass der Verbraucher beispielsweise bei dem Kauf eines Produktes in einem Online-Shop die Ware vor Erhalt weder so genau begutachten noch testen kann, wie es bei einem Kauf im Ladengeschäft der Fall wäre. Bei klassischen Haustürgeschäften schützt das Widerrufsrecht hingegen vor „Überrumpelung“ und einem bindenden Vertragsschluss, den der Verbraucher rückblickend so nicht gewollt haben könnte.
Unternehmen haben diesbezüglich gegenläufige Interessen, denn die Rückabwicklung der Verträge ist zumeist zeit- und kostenintensiv. Das Widerrufsrecht schützt demnach zwar vorerst den Verbraucher, bietet jedoch auch Vorteile für Unternehmer.
Verbraucher tätigen beispielsweise eher Online-Käufe bei Unternehmen, die offen und transparent die Einhaltung des Verbraucherwiderrufs kommunizieren und darüber gesetzeskonform informieren. Das bietet Verbrauchern Sicherheit und fördert ebenfalls die Kundenzufriedenheit. Es bleibt hierbei jedem Unternehmen überlassen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus kulant zu sein und den Kunden so noch mehr Sicherheit zu vermitteln und sich von anderen Wettbewerbern positiv abzuheben. Da bereits eine fehlerhafte, unvollständige oder unterlassene Widerrufsbelehrung gegenüber den Verbrauchern zu Abmahnungen führen kann, lohnte es sich für Unternehmen auch rein wirtschaftlich betrachtet den Verbraucherwiderruf rechtskonform zu befolgen und einzubinden.
Besonders aufmerksam sollte der Unternehmer bei dem Verkauf digitaler Inhalte, also von Daten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger, sondern in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden sein (z.B. Fotos, Videos, Musikdateien, Softwares, etc.), da hier besondere Gefahren bestehen, sofern der Unternehmer die gesetzlichen Vorgaben nicht korrekt umsetzt (vgl. § 356 Abs. 5 BGB). Hierzu später mehr.
Widerrufsrecht wirksam ausschließen
Um Abmahnungen vorzubeugen, sollten Unternehmen nicht einfach pauschal das Widerrufsrecht für Verbraucher ausschließen, denn das ist unzulässig und kann abgemahnt werden.
In eng auszulegenden gesetzlich geregelten Fällen besteht in Bezug auf bestimmte Waren hingegen kein Widerrufsrecht (vgl. § 312 g Abs. 2 BGB). Das ist beispielsweise bei maßgeschneiderter Ware (Nr. 1), verderblichen Waren (Nr. 2) oder versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind (Nr. 3), der Fall (Aufzählung nicht abschließend).
Bei Fernabsatzverträgen regelt § 356 Abs. 4 und Abs. 5 BGB besondere Konstellationen, in denen zwar grundsätzlich ein Widerrufsrecht besteht, das Widerrufsrecht unter bestimmten Voraussetzungen aber vorzeitig erlischt. Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt der Unternehmer in diesen speziellen Fällen maßgeblich bei.
Widerrufsrecht – Besonderheiten bei digitalen Inhalten
Insbesondere § 356 Abs. 5 BGB ist hier in Bezug auf digitale Inhalte relevant. Verbrauchern steht auch bei Fernabsatzverträgen über digitale Inhalte ein Widerrufsrecht zu (vgl. § 312 g Abs. 1 BGB). Hier wird jedoch der Besonderheit Rechnung getragen, dass digitale Inhalte nicht wie physische Waren nach dem Widerruf zurückgeschickt werden und daher theoretisch beliebig oft genutzt und vervielfältigt werden können, wenn sie einmal abgespeichert wurden. Daraus ergibt sich die Problematik, dass der Verbraucher den Vertrag nach Erhalt des digitalen Inhalts widerrufen könnte und der Unternehmer den Kaufpreis im Rückgewährschuldverhältnis erstatten müsste. Währenddessen kann der Verbraucher den digitalen Inhalt bereits nutzen und wohlmöglich vervielfältigen. Das Gesetz ermöglicht dem Unternehmer zur Umgehung dieser misslichen Lage die Möglichkeit auch hier den Widerruf frühzeitig zum Erlöschen zu bringen. Hierfür muss er die durch § 356 Abs. 5 BGB vorgegebene Voraussetzungen erfüllen. Auch hier lohnt es sich demnach besonders, die gesetzlichen Vorschriften zu kennen und rechtlich korrekt umzusetzen.
Hierfür ist bei einem kostenpflichtigen Vertrag (vgl. § 356 Abs. 5 Nr. 2 BGB) insbesondere erforderlich, dass
- der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Vertragserfüllung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
- der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass durch seine Zustimmung nach Beginn der Vertragserfüllung sein Widerrufsrecht erlischt und
- der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung gemäß § 312 f BGB zur Verfügung gestellt hat.
Das Einverständnis und die Bestätigung der Kenntnis kann beispielsweise durch eine entsprechende Checkbox im Bestellvorgang abgefragt werden. Die Betätigung der Checkbox Bestätigung sollte technisch notwendig sein, um überhaupt eine Bestellung tätigen zu können. Die nachvertragliche Bestätigung des Erlöschens des Widerrufsrechts kann beispielsweise per E-Mail erfolgen.
Setzt der Unternehmer dies nicht korrekt um, erlischt das Widerrufsrecht vorliegend nicht.
Nachteile des Widerrufsrechts
Das Widerrufsrecht für Verbraucher bringt dennoch auch negativ behaftete Aspekte für Unternehmen mit sich. Sie müssen häufig die Rücksendekosten tragen, wodurch bei einer Vielzahl an durchgeführten Widerrufen und Rücksendungen die Gewinnmargen leiden können. Durch die Rücksendung vieler Waren entsteht auch logistisch ein hoher Aufwand, denn die zurückgesandte Ware muss in Empfang genommen, überprüft, erneut verpackt und wieder in das Sortiment aufgenommen werden. Dabei kann es bei Benutzung der Ware mitunter auch zu Wertverlusten kommen. Natürlich kommt es durch das Widerrufsrecht auch zu einer gewissen Planungsunsicherheit, da nur geschätzt werden kann, wie viele Waren tatsächlich gekauft oder aber zurückgeschickt werden. Sofern die Rückabwicklung und Rücksendung für die Verbraucher mit Kosten und Aufwand verbunden ist, dient der Rückabwicklungsprozess als Einfallstor für schlechte Kundenbewertungen. Natürlich besteht auch ein gewisses Missbrauchsrisiko, denn Verbraucher könnten die Ware beispielsweise für einmalige Anlässe nutzen und sodann den Widerruf ausüben und diese zurücksenden. Etwaiger Wertverlust könnte hier schwer zu bemessen sein.
Diesen Herausforderungen können Unternehmen mit klar kommunizierten Rückgaberegelungen und effizienten Prozessen im Rahmen der Rückabwicklung begegnen, um diese Risiken effektiv zu minimieren.
Verbraucherschutz Zusammenfassung
Der Verbraucherschutz ist ein nicht hinwegzudenkender Bestandteil des Online-Rechts (Hier geht es zu unserem Blogbeitrag zum Online-Recht). Die Wichtigkeit des Verbraucherschutzes zur Herstellung des Gleichgewichts gegenläufiger Interessen und der Fairness im Wettbewerb wird durch diverse gesetzliche Regelungen deutlich. Für den Verbraucher gewährleisten die Verbraucherrechte Transparenz, Fairness und Verständlichkeit. Auch Unternehmen können profitieren, indem sie Verbraucherrechte wahren und sich von Mitbewerbern mit unlauteren Geschäftspraktiken abheben. Das schafft Kundenzufriedenheit und vermeidet die Verärgerung von Verbraucherschutzbehörden.
Trotzdem bergen die diversen gesetzlichen Anforderungen bei nicht rechtskonformer Umsetzung das Risiko abgemahnt zu werden oder kostenintensive Bußgelder auferlegt zu bekommen. Die Gesetzeslage und die Rechtsprechung sind sehr dynamisch und die Anforderungen an Unternehmen entwickeln sich laufend fort. Daher ist es jedem Unternehmen anzuraten, seine Rechtstexte, Werbung, Website und Geschäftspraktiken regelmäßig von fachkundigen Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten seines Vertrauens überprüfen zu lassen, um die korrekte Berücksichtigung rechtlicher Details nicht dem Zufall zu überlassen und das Unternehmen zu schützen. Wie bereits in unserem Blogbeitrag zu rechtssicheren AGB erläutert (Hier geht es zu unserem Blogbeitrag zu rechtssicheren AGB), ist die rechtliche Absicherung immer maßgeblicher Bestandteil der Kundenzufriedenheit und von planbarem Unternehmenswachstum.